Deichkonferenz diskutiert über Auswirkungen für den Hochwasser- und Küstenschutz. Auch Wolfsattacken auf Deichschafe sind Thema.

Der Klimawandel ist für die niedersächsischen Deichverbände zwischen Ems und Elbe sowie an der Nordsee längst real. Sturmfluten an der Nordseeküste sind immer weiter im Binnenland zu spüren. Beispiel Elbe: So steigt etwa der Pegel bei Sturmfluten selbst im rund 150 Kilometer von der Küste entfernten Bleckede an. Und auch Starkregen im Oberlauf hat den Fluss seit 2002 mehrfach bedrohlich anschwellen lassen, sodass es zu dramatischen Jahrhunderthochwassern kam. Andererseits stellen auch Trockenperioden die Deichverbände landesweit vor starke Herausforderungen bei der Deichunterhaltung. So wurden die 47 Teilnehmer der Deichkonferenz Niedersachsen beim Artlenburger Deichverband (ADV), zu der der Wasserverbandstag (WVT) ins Gasthaus Nienau eingeladen hatte, jetzt auch nicht auf dem falschen Bein erwischt, als Professor Frank Thorenz vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) über den aktuellen Bericht des Weltklimarates referierte. Er beschrieb die daraus resultierenden Auswirkungen für den Hochwasserschutz an der Küste und im Binnenland.

 

Godehard Hennies, Geschäftsführer des Wasserverbandstages fasste die momentanen Erkenntnisse aus dem Vortrag zusammen: „Klar ist schon lange, dass das Klima sich verändert und als Folge daraus der Meeresspiegel ansteigt. Neu ist allerdings, dass dies schneller geschieht als von den Wissenschaftlern bislang erwartet.“ Hennies ist Geschäftsführer des Wasserverbandstages, der die Interessen seiner rund 1000 Mitglieder aus Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt vertritt, und sie bei der Umsetzung ihrer Aufgaben unterstützt. Diese sind unter anderem der Hochwasserschutz im Binnenland sowie der Küstenschutz, aber auch die Gewässerunterhaltung, Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. Grund zur Panik besteht für die niedersächsischen Deichschützer aufgrund der neuen Sachlage beim Klima allerdings nicht. „Wir sind mit unseren Vorgaben für Deichhöhen bereits auf dem richtigen Weg für die kommenden Jahrzehnte“, meinte Deichhauptmann Hartmut Burmester vom Artlenburger Deichverband. Das bestätigte Heiko Albers, Präsident des Wasserverbandstages: „An der Küste wäre es möglich, unsere Deiche noch bis zu zwei Meter zu erhöhen. Unsere Nachbarn in Holland meinen, bei ihnen wären sogar fünf Meter möglich.“ Ansgar Dettmer, ADV-Geschäftsführer, erklärte, dass die gewählte Technik im niedersächsischen Deichbau die richtige für die Herausforderung sei. „Wir setzen auf Klei-Deiche. Diese lassen sich technisch gesehen problemlos erhöhen, es muss nur der notwendige Platz für den Deich verfügbar sein.“ Wie zurzeit im Tidebereich der Elbe. „Dort zeigen wir mit der Deicherhöhung zwischen Rönne und Schwinde, dass es prima funktioniert“, so Dettmer. Doch die beste Technik hilft nichts, wenn es dafür kein Geld gibt. „Der Politik muss klar sein, dass der Klimawandel zwangsläufig eine Aufstockung der Mittel für den Hochwasserschutz gebietet“, sagte Godehard Hennies. Denn Hochwasserschutz müsse generationengerecht betrieben werden, betonte er. Denn: „Deiche müssen so gebaut sein, dass sie auch den folgenden Generationen noch Schutz bieten.“ Neben dem Klimawandel ist es das Thema Wolf, mit dem sich die Deichschützer in Niedersachsen zurzeit intensiv beschäftigen. Fast jeder Deichverband hat Probleme mit dem Raubtier, weil es deren Herden attackiert und Schafe reißt. So hatte der Deichschäfer des ADV, Stefan Erb, vier Wolfsangriffe innerhalb eines Jahres mit insgesamt 17 getöteten Schafen zu beklagen. Trotz eines wolfsabweisenden Grundschutzes etwa durch maximal erhöhte Zäune gab es die Angriffe auf seine Schafe. Um seine Herde künftig schützen zu können, benötigt er zusätzlich zu den bereits vier angeschafften Herdenschutzhunden mindestens acht weitere. Die Unterhaltskosten je Hund liegen jährlich bei mehr als 1000 Euro. „Wir fordern von der Politik ein Wolfsmanagement, das dem Hochwasserschutz nicht entgegensteht. Arten- und Hochwasserschutz müssen zusammenpassen“, sind sich Heiko Albers und Hartmut Burmester einig. So gibt es nach Worten von Godehard Hennies neben der finanziellen Unterstützung wirkungsvolle Instrumente, um Probleme mit Wölfen zu lösen, die der aktuellen und strengen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Artenschutz nicht widersprechen. „Das Vergrämen ist rechtens, genauso wie die Entnahme auffälliger Tiere beziehungsweise Rudel“, erläuterte Hennies. „Und genau das fordern wir im Sinne des Hochwasser- und Küstenschutzes“, so Heiko Albers.