Goldener Tritt der Schafe festigt die Deiche 

Ohne Schafe wĂŒrde der Deichschutz nicht funktionieren, ist Waltraud Domeyer ĂŒberzeugt. Gemeinsam mit ihrem Mann Helmut und Sohn Sven hat sie zwei Schafherden des Artlenburger Deichverbandes in ihrer Obhut. 750 Muttertiere und LĂ€mmer weiden von April bis Oktober wĂ€hrend der Vegetationsperiode zwischen Rönne und Hoopte auf den Deichen an der Elbe und am Ilmenau-Kanal. „Die Deiche wĂŒrden weich und instabil werden, wĂŒrden keine Schafe auf ihnen grasen“, sagt sie. Maschinen könnten die Tiere nicht ersetzen. „Mit denen funktioniert die Deichpflege nicht.“

SchĂ€fer Stefan Erb, der sechs weitere Herden mit zusammen 1500 Mutterschafen abschnittsweise zwischen Bleckede und Rönner BrĂŒcke auf dem Deich weiden lĂ€sst, erklĂ€rt warum: „Weil die Tiere das Gras kurz halten, wird die Narbe dicht und der Deich fest.“ Doch es gibt noch einen Effekt, der die SchutzdĂ€mme stabil macht, und den sich die Menschen schon seit Jahrhunderten zunutze machen. „Schafe haben den sogenannten goldenen Tritt. Sie treten Löcher, MĂ€usegĂ€nge und MaulwurfhĂŒgel beim Grasen zu“, sagt er. Gedeihlich ist dann auch noch das, was die Schafe wieder ausscheiden. „Das bringt dem Deichverband den Vorteil, dass er das ganze Jahr ĂŒber ohne MineraldĂŒnger auskommt und das Gras auf den Deichen trotzdem schön grĂŒn sprießt“, sagt Stefan Erb. Das sei ökologischer Hochwasserschutz. 

Die beiden Domeyer-Herden haben ihren StĂŒtzpunkt in Laßrönne. Seit 1975 ist Helmut Domeyer als SchĂ€fer fĂŒr den Deichverband tĂ€tig, seit 2010 auch Sohn Sven. Die Schafe der Domeyers sind eine Kreuzung der Rassen Schwarzkopf mit Bergschaf. Zur Herde gehören zudem sieben altdeutsche HĂŒtehunde. Drei mehr von ihnen hat Stefan Erb, dessen SchĂ€ferei auf dem Gehöft Heisterbusch direkt an der Elbe zwischen Bleckede und Radegast beheimatet ist. Ein Familienbetrieb, zu dem seine Frau Cornelia Frahm und Kompagnon Klaus Hentschel gehören, und der seit 1991 zum Deichverband gehört. Schwarzköpfige Fleischschafe und Coburger Fuchsschaf heißen die Rassen am Heisterbusch, die in den Wintermonaten auf den Weiden und Feldern der Bauern in der Elbmarsch anzutreffen sind. „Im Winter betreiben wir eine typische WanderschĂ€ferei“, berichtet Stefan Erb. Neben der Landschafts- und Deichpflege sorgen die Schafherden des Artlenburger Deichverbandes fĂŒr das typische Postkartenmotiv an der Elbe. Eigentlich sollte die hĂŒbsche Kulisse die Menschen erfreuen. Doch mancher Zeitgenosse fĂŒhle sich von den Schafen belĂ€stigt, erzĂ€hlt Waltraud Domeyer. „Ein PhĂ€nomen, das es wohl nur an der Elbe gibt. Mein Sohn hat den SchĂ€ferberuf in der Heide gelernt. Dort regt sich keiner ĂŒber die Herden auf. Vielmehr freuen sich die Heidebesucher ĂŒber sie.“ Anders sei es an der Elbe. „Einige SpaziergĂ€nger und Radfahrer meckern uns an, weil die Schafe frei herumlaufen und gelegentlich deren Wege kreuzen.“ Auch ĂŒber die Köttel auf dem Deich und den Verteidigungswegen werde gewettert. Waldtraud Domeyer wĂŒnscht sich, dass ihre Schafe auf den Deichen als genauso selbstverstĂ€ndlich angesehen werden, wie die Herden in der Heide. „Dann wĂŒrde niemand mehr schimpfen und die Leute wĂ€ren freundlicher. Das wĂŒrde unsere tĂ€gliche Arbeit am Deich angenehmer machen.“